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Hannes Heinrich
EVEN DEMONS HAVE DEMONS
Feb 23 – April 20, 2024

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Hannes Heinrich
o.T. (alienation), 2023, oil, ink and coal on canvas, 195 x 170 cm

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o.T. (mirror), 2023, oil on canvas, 195 x 170 cm

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o.T. (shattered), 2024, acryl, ink and coal on canvas, 210 x 160 cm

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Hannes Heinrich
o.T. (throwback), 2023, coal on canvas, 240 x 190 cm

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Installation view, 2024, Photo: Dirk Tacke

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o.T. (shapes shifting), 2023, oil on canvas, 220 x 150 cm

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Hannes Heinrich
o.T. (from behind through the wall, outside), 2023, oil on canvas, 40 x 30 cm

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Hannes Heinrich
o.T. (dry cleaning), 2023, oil on canvas, 40 x 30 cm

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Hannes Heinrich
o.T. (cut out), 2023, oil on canvas, 40 x 30 cm

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Hannes Heinrich
o.T. (follow my voice), 2023, oil on canvas, 50 x 40 cm

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Installation view, 2024, Photo: Dirk Tacke

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Installation view, 2024, Photo: Dirk Tacke

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Hannes Heinrich
o.T. (double), 2023, oil and coal on canvas, 45 x 35 cm

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o.T. (broom broom brush), 2023, ink and coal on canvas, 45 x 35 cm

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Hannes Heinrich
o.T. (clock), 2023, coal on canvas, 50 x 40 cm

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Installation view, 2024, Photo: Dirk Tacke

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Installation view, 2024, Photo: Dirk Tacke

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Installation view, 2024, Photo: Dirk Tacke

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o.T. (later afternoon), 2023, oil on canvas, 195 x 170 cm

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Installation view, 2024, Photo: Dirk Tacke

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Hannes Heinrich
o.T. (even demons have demons), 2024, oil on canvas, 250 x 190 cm

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EVEN DEMONS HAVE DEMONS

Gespräch zwischen Victor Sattler und Hannes Heinrich

VS: Lieber Hannes Heinrich, Deine neue Ausstellung hat den Titel Even Demons Have Demons.
Auf Deutsch: Sogar Dämonen haben Dämonen. Eigentlich sind Deine Bilder gar nicht so
düster, wie das klingt, oder?
HH: Nein, sind sie nicht, der Titel ist ein abgewandeltes Zitat aus einem Lied, das ich mag. Mir gefällt,
wie diese Formulierung es schafft, ein Sprachbild nochmals zu toppen. Durch eine relativ einfache
Verdopplung wird etwas Bekanntes zu etwas Anderem. Bei dem Zitat sehe ich die Welt plötzlich als
Comic vor mir, ich sehe den Dämon selbst beim Therapeuten sitzen. Nicht unheimlich oder düster
wird es, sondern ironisch. Außerdem spielt es mit dem Klischee einer Künstlerfigur, die wie ein
Besessener arbeitet. Meine Kohlezeichnungen sehen auf den ersten Blick nach einer einzelnen
starken Geste aus, sie sehen nach Exzess aus. Doch in Wahrheit entstehen sie in einem Prozess, in
dem ich sie ständig neu betrachte, behutsam auf sie reagiere und dabei ständig neue Entscheidungen
treffe. Sie sind letztlich auch Skizzen, wie ein Kritzeln.
VS: Das hat viel mit Deiner Frottage-Technik zu tun. Mit dem Stoff der Leinwand umhüllst Du
Alltagsgegenstände oder Deinen eigenen Körper, spannst die Leinwand erst danach auf den
Rahmen, nimmst sie auch mal wieder ab – alles in einem kontinuierlichen Prozess. Wie ist
diese Technik entstanden? Wie zentral ist sie für Dein Schaffen?
HH: Ich mache das tatsächlich schon länger, als man es meinen Arbeiten ansehen kann, bestimmt seit
fünf oder sechs Jahren. Im Grunde kennen alle das Prinzip. Legt man ein Stück Papier auf eine
Münze und rubbelt mit einem Bleistift darüber, drückt sich die Münze durch. Ich mache dasselbe
mit dem Stoff der Leinwand und mit Kohle. Und ich versuche eben nicht, die Information
möglichst genau zu übertragen, sondern im Gegenteil etwas Anderes aus ihr entstehen zu lassen,
wenn der dreidimensionale Körper zur Fläche wird. Damit gelingt es mir, mich selber auszuhebeln,
kurz das Denken abzuschalten, weil mein Körper in Aktion treten muss. Wenn ich selbst unter dem
Stoff stecke, ist meine Sicht teilweise eingeschränkt. Ich schaffe mir also Probleme. Gleichzeitig
finde ich es interessant, mit dem Stoff zu arbeiten, bevor er gespannt wird. Da hat er noch
Fähigkeiten, die er nach dem Aufspannen und Grundieren verliert.
VS: Zum Beispiel?
HH: Zum Beispiel, wie gut er sich um einen Körper legt. Aber auch, wie sich Farbe und Pigment in den
Stoff eindrücken lassen. Der Widerstand ist ein ganz anderer. Dadurch entstehen Brüche, es erlaubt
mir, eine Geste aufzubrechen. Tatsächlich habe ich das vor allem mit großen Formaten gemacht,
weil man sehr viel Stoff benötigt, um einen verhältnismäßig kleinen Gegenstand zu umwickeln.
VS: Gibt es deshalb in Deinen Ausstellungen oftmals ein großes Format und ein ganz kleines
Format nebeneinander?
HH: Mittlere Formate sind für mich die größte Challenge. Deswegen habe ich meine mittleren Formate
oft aussortiert. Gleichzeitig steckt dahinter auch ein Überprüfen: Funktioniert etwas im Großen,
nehme ich die Größe als Faktor aus der Gleichung heraus und schaue, was damit im Kleinen,
Beiläufigen, Konzentrierten passiert. Und umgekehrt genauso. Etwas Kleines ins Große zu
übertragen, konfrontiert mich mit praktischen und inhaltlichen Herausforderungen. Kleine Frottage-
Bilder gut hinzubekommen, hat eine ganze Weile gedauert. Anfangs umwickelte ich nur
Gegenstände, die in meinem Atelier verfügbar waren. Das war mir wichtig, um etwas Alltägliches
mit einzuweben, um mit Radikalität zu brechen. Wann immer man über die großen Fragen des
Lebens nachdenkt – wer bin ich, was mache ich? –, wird man ja permanent unterbrochen von
kleineren Fragen, man kriegt Hunger oder geht einen Kaffee trinken. Diese Gleichzeitigkeit bringen
die Alltagsgegenstände mit ins Bild.
VS: Da wäre etwa der Bürostuhl auf Deinem namenlosen Bild von 2021. Der banale Gegenstand
bekommt durch die Farben Rot und Blau eine dramatische Anmutung, er ist kaum mehr als
Stuhl zu erkennen. Welche Bedeutung hat für Dich diese Ölfarbe, die im zweiten Schritt hinzu
kommt?
HH: „Im zweiten Schritt“, das würde ich infrage stellen. Der Prozess soll nicht abgeschlossen sein, nur,
weil die Leinwand bereits aufgespannt und die Kohle fixiert ist. Obwohl die Zeichnung nicht mehr
auf die Ölfarbe „reagieren“ kann, sollen die beiden unbedingt ineinandergreifen, es darf kein klares
Übereinander geben. Der Pinsel und die Ölfarbe nehmen Dinge weg, arbeiten die Form heraus,
tasten sie ab, gehen über die Linien der oft klar gesetzten Flächen. Mir geht es darum, einen
abstrakten Moment durch eine Figürlichkeit hindurch zu finden. Ich glaube, der Maler Philip
Guston hat so etwas gesagt wie: Every painting is figurative. Damit spiele ich. Unser Auge erkennt
in einer abstrakten Geste trotzdem immer etwas, seien es Augen oder Gesichter, sei es etwas Wildes
oder Zurückhaltendes.
VS: Unabhängig von figurativ und abstrakt – spätestens das Raster in Deinen Bildern führt uns
vom Gegenstand weg.
HH: Ja, aber wenn ich ein Raster setze, ist es fast nie die oberste Schicht, sondern liegt immer unten
drunter. Es ist oft schon mit Tusche in den rohen Leinwandstoff eingesunken. Das ist die
umständlichste Art, ein Raster in das Bild zu bekommen. Es verändert die Zeitlichkeit, weil ich die
abgegrenzten Flächen dann einzeln bearbeite, und weil jede Fläche auf demokratische Weise
dieselbe Zuwendung von mir erhält. Die Linien, die man bei mir oft sieht, sind eigentlich Schnitte
im Bild, die die darunterliegenden Schichten offenbaren. Ich habe neulich nochmals nachgelesen in
einem Essay der Kunstkritikerin Rosalind Krauss über das Raster, und sie kritisierte es als einen
Endpunkt: Wer das Raster einmal für sich entdecke, komme nicht mehr davon weg. Als ich das zum
ersten Mal las, verstand ich es als Kompliment an das Raster, noch nicht als Kritik.
VS: Unabhängig von figurativ und abstrakt – spätestens das Raster in Deinen Bildern führt uns
vom Gegenstand weg.
HH: Ja, aber wenn ich ein Raster setze, ist es fast nie die oberste Schicht, sondern liegt immer unten
drunter. Es ist oft schon mit Tusche in den rohen Leinwandstoff eingesunken. Das ist die
umständlichste Art, ein Raster in das Bild zu bekommen. Es verändert die Zeitlichkeit, weil ich die
abgegrenzten Flächen dann einzeln bearbeite, und weil jede Fläche auf demokratische Weise
dieselbe Zuwendung von mir erhält. Die Linien, die man bei mir oft sieht, sind eigentlich Schnitte
im Bild, die die darunterliegenden Schichten offenbaren. Ich habe neulich nochmals nachgelesen in
einem Essay der Kunstkritikerin Rosalind Krauss über das Raster, und sie kritisierte es als einen
Endpunkt: Wer das Raster einmal für sich entdecke, komme nicht mehr davon weg. Als ich das zum
ersten Mal las, verstand ich es als Kompliment an das Raster, noch nicht als Kritik.
VS: Und heute?
HH: Seit der konstruktivistischen Avantgarde ist wieder Zeit vergangen. Ich habe das Gefühl, dass es
heute gar nichts Referenzloses mehr geben kann, oder dass das Streben danach in der Malerei zum
Scheitern verurteilt und uninteressant ist. Meine Raster sind tatsächlich alle sehr unterschiedlich.
Manchmal sind sie mit dem Lineal gezogen, die Flächen dann alle gleich groß. Manchmal handelt
es sich eher um ein gestisches Raster, eine rhythmische Abfolge mit der Hand. Durch das
Aufspannen der Leinwand verschiebt es sich, es kommt ein leichter Schwung in die Linien. In
meinen letzten paar Arbeiten hatte das Raster nun etwas von Ordnung, Akribie und Aufräumen.
VS: Gleichzeitig ist diese Kunst sehr sinnlich. Wegen der Frottage-Technik, aber auch wegen der
Motive. Wir haben bisher nur über den Bürostuhl geredet. Andererseits gibt es ja das
wiederkehrende Motiv einer männlichen Brust, oder es gibt die Pobacken in einem Bild
namens „Pfirsich“.
HH: Nach dieser Körperlichkeit und Sinnlichkeit wurde ich tatsächlich noch nie gefragt. Darin steckt
natürlich auch ein Spiel mit den Betrachtern, ein doppelter Boden. Eigentlich war das Körperliche
anfangs eine Art von Rückversicherung, um im Atelier in die Gänge zu kommen, um eine Form von
Action zu initiieren. Für diese Art von Versuch kommt nur mein eigener Körper in Frage, er ist da,
wenn ich ihn brauche, und zu ihm habe ich die längste Beziehung und gleichzeitig das
komplizierteste Verhältnis. Deswegen ist es immer mein Körper in den Bildern, beziehungsweise,
es sind immer die Gegenstände, die mich umgeben und die man normalerweise übersieht. Als ich
einen Stuhl in die Leinwand einwickelte, nutzte ich meinen Körper ja bereits. Dann war es für mich
ein konsequenter Schritt, dem weiter zu folgen und mich selbst einzuwickeln. Irgendwie hat es sich
auch albern und absurd angefühlt, aber man geht dem trotzdem nach.
VS: In den berühmten Performances von Yves Klein hinterließen junge weibliche Aktmodelle den
Farbabdruck ihres Oberkörpers auf einer Leinwand.
HH: Mir hingegen geht es nur um das Bild. Alles andere ist der Weg dorthin, dafür benutze ich diesen
leicht performativen Vorgang. Sich einen Raum zu nehmen, sich ins Atelier zu stellen und zu malen
– auch das hat sich anfangs für mich wie ein performativer Akt angefühlt. Man sieht sich selbst
plötzlich von außen, man wird sehr verkopft, dabei denke ich eher an Bruce Nauman als an Yves
Klein. Das Körperliche war eine Möglichkeit, mich selbst zu überrumpeln. Plötzlich hat man wieder
ein richtiges Chaos vor sich und muss damit umgehen.
VS: Das ist bei Dir wie ein roter Faden: Du findest immer neue Tricks, um den Kopf abzuschalten.
HH: Ja, ich merke immer wieder, dass meine eigenen Gedanken allein gar nicht so bahnbrechend sind.
Trotzdem würde ich den Kopf niemals weglassen. Man sucht sich letztlich einen Grund, um den
Kopf wieder von Neuem einzusetzen.
VS: Es heißt, in der Kunst treffen das Apollinische und das Dionysische zusammen. Ein strenges
Raster zu verwenden, ist ein maximaler Apollo-Move. Dazu muss man irgendwie noch das
Rauschhafte eines Dionysos einfangen, oder?
HH: Ja, beides ist nicht immer gleich wichtig, aber es findet doch immer beides statt. Ich habe gemerkt,
dass nur das Eine stets eine Verkürzung ist, eine Vereinfachung, die mich zu einem Teil selbst
abschafft. Die Zweiteilung des Menschen macht es für mich immer wieder von Neuem wichtig,
selber die Entscheidungen zu treffen. Dafür ist mein eigener Körper natürlich ein praktisches
Vehikel. Meine Beziehung zu ihm wird definiert über die Welt, in der wir leben: darüber, wie wir
lernen, uns selbst zu sehen und mit uns umzugehen.
VS: Ich bin ein bisschen überrascht über diesen Pragmatismus. Du sagst, Dein eigener Körper
war nunmal gerade da und sei nur ein Vehikel. Dabei hast Du doch eine recht markante
Silhouette. Auf den Papierarbeiten hält die Silhouette ein Smartphone in der Hand, wie zum
Selfie. Ist das nicht eine sehr gegenwärtige Faszination für das eigene Aussehen, für den
eigenen Körper?
HH: Doch, auf alle Fälle. Aber ich glaube, das lässt sich auch gut auf andere Menschen übertragen. Oft
sind Entwicklungen unserer Zeit in der Kunst nur auf die Spitze getrieben. Ich beschäftige mich
natürlich damit, was unsere Gegenwart ausmacht, und wie man in der Kunst und speziell in der
Malerei darauf reagieren kann. Andererseits: Wenn ich größere Formate grundiere, liegen die
Leinwände nunmal auf dem Boden vor mir ausgebreitet. So hat man ein sehr gutes Licht von oben.
Dann verfängt sich dabei automatisch mein eigener Schatten auf der weißen Leinwand, er bekommt
ganz klare Konturen. Schon entsteht ein Bild. Da bin ich also mal wieder den direktesten Weg
gegangen. Wenn man mich persönlich kennt, bin das ganz eindeutig ich, und ich finde, dann liest
man sogar einen emotionalen Ausdruck in jedes Bild hinein. Kennt man mich nicht, könnte diese
Silhouette aber genauso gut eine allgemeingültige Projektionsfläche sein. Ich mag die Qualität einer
präzisen Information, mit der ich mir dennoch größte malerische Freiheiten nehme.